Der Nacherbenvermerk bringt die Verfügungsbeschränkungen des Vorerben nach § 2113 BGB zum Ausdruck und dient in dieser Funktion ausschließlich dem Schutz des Nacherben. Bewilligt dieser die Löschung des Nacherbenvermerks, verzichtet er auf die Schutzwirkungen dieser Eintragung.
Der Verzicht auf die Eintragung des Vermerks hat solcher nicht das materiell-rechtliche Erlöschen des Nacherbenrechts zur Folge. Ob und welche materiell-rechtlichen Verfügungen über die Nacherbenanwartschaft getroffen worden sind, ist bislang offen geblieben und bedarf auch keiner weiteren Nachweise.
Der Verzicht auf den Schutz des Nacherbenvermerks bewirkt indessen, dass das etwa fortbestehende Nacherbenrecht im Grundbuchverkehr nicht mehr beachtet und der Gefahr des Untergangs mit gutgläubigem Erwerb Dritter durch Verfügung des Vorerben preisgegeben wird. Dementsprechend hat das Grundbuchamt nach Löschung des Nacherbenvermerks keinen Anlass mehr in eine Prüfung einzutreten, ob der eingetragene Eigentümer den Verfügungsbeschränkungen einer Nacherbfolge unterliegt. Diese Wirkung erstreckt sich auch auf die Erben des eingetragenen Eigentümers. Die grundbuchverfahrensrechtliche Wirkung des Verzichts auf den Schutz des Nacherbenvermerks wäre im Ergebnis gegenstandslos, wenn nach dem Tod des Vorerben eine dem Grundbuchamt zur Kenntnis gelangte Nacherbfolge gleichwohl zunächst im Berichtigungswege im Grundbuch eingetragen werden müsste und die Erben des eingetragenen Eigentümers auf diese Weise auf eine erneute Mitwirkung der Nacherben bei einer Verfügung über das eingetragene Recht angewiesen wären.
Eine davon zu unterscheidende Frage ist, ob das Grundbuchamt bei der Löschung des Nacherbenvermerks gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen hat und deshalb nunmehr vorab ein Amtswiderspruch einzutragen ist (§ 53 Abs. 1 S. 1 GBO).
Ein eingetragener Nacherbenvermerk darf nach gefestigter Auffassung nur gelöscht werden, wenn diese auch von den durch die letztwillige Verfügung berufenen Ersatznacherben bewilligt wird.
Ist eine Löschung des Nacherbenvermerks erfolgt, obowhl eine Löschungsbewilligung der Ersatznacherben nicht nachgewiesen worden ist, so hat trotz dieser Verletzung gesetzlicher Vorschriften die Eintragung eines Amtswiderspruchs zu unterbleiben, wenn das Grundbuch zum jetzigen Zeitpunkt gleichwohl mit der materiell-rechtlichen Rechtslage übereinstimmt. Der Verzicht des Nacherben auf den Schutz des Nacherbenvermerks und eine damit ggf. materiell-rechtlich verbundene (entgeltliche) Übertragung der Nacherbenanwartschaft auf den Vorerben bewirkt nicht einen Wegfall des Vorerben und damit den Eintritt des Ersatzfalls.
Der Ersatznacherbe, der an der Übertragung der Nacherbenanwartschaft nicht mitgewirkt hat, wird dadurch in seiner Rechtsstellung nicht beeinträchtigt. Deshalb fallen die Beschränkungen der Nacherbenanwartschaft für den Vorerben noch nicht endgültig weg. Vielmehr steht die Wirksamkeit dieser Verfügung unter der auflösenden Bedingung, dass bis zum Eintritt des Nacherbfalls der Ersatzfall eintritt. Erlebt der Nacherbe den Nacherbfall nicht, so tritt die auflösende Bedingung ein, so dass der Ersatznacherbe alsdann in die Nacherbenstellung aufrückt. Erlebt jedoch der Nacherbe den Nacherbfall, so tritt eine Ersatznacherbfolge nicht ein; der Vorerbe ist endgültig von den Beschränkungen der Nacherbschaft freigeworden.
Das Grundbuchamt wird deshalb aufgrund der ihm im Amtsverfahren nach § 53 Abs. 1 GBO obliegenden Amtsermittlungspflicht (§ 26 FamFG) feststellen müssen, ob die Nacherben den Nacherbfall erlebt haben. Entsprechende Feststellungen lassen sich beispielhaft durch eine beglaubigte Abschrift des jeweiligen Geburtseintrags der betroffenen Frauen treffen, in dem auf ein etwaiges Versterben und den Zeitpunkt des Todes hingewiesen werden muss (§ 27 Abs. 4 Nr. 3 PStG).
Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 24. Juli 2014 – 15 W 300/14