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Eintragung einer Zwangssicherungshypothek – Vollstreckungsvoraussetzungen und die anwaltliche Empfangsvollmacht

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Bei der Eintragung einer Zwangssicherungshypothek wird das Grundbuchamt als Vollstreckungsorgan tätig und hat neben den grundbuchrechtlichen Voraussetzungen der Eintragung auch die vollstreckungsrechtlichen Voraussetzungen zu prüfen. Wie jedes Vollstreckungsorgan hat das Grundbuchamt dabei zu prüfen, ob überhaupt ein vollstreckbarer Titel vorliegt und ob er einen vollstreckbaren Inhalt hat.

Zweifel an der Wirksamkeit einer Abtretung der titulierten Forderung und an der Rechtmäßigkeit einer diesbezüglich erteilten Rechtsnachfolgeklausel berechtigen das Grundbuchamt nicht zur Verweigerung der begehrten Eintragung einer Zwangssicherungshypothek. Die Person des Vollstreckungsgläubigers wird mit der erteilten Klausel für das Grundbuchamt bindend bescheinigt.

Die vollstreckungsrechtlichen Voraussetzungen einer Grundbucheintragung müssen grundsätzlich in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden. Bei Zustellung des Vollstreckungstitels an einen Vertreter des Schuldners kann dessen Empfangsvollmacht als Voraussetzung für den Nachweis der wirksamen Zustellung von Vollstreckungstitel und Vollstreckungsklausel jedoch auch im Wege freier Beweiswürdigung festgestellt werden.

Die Eintragung der Zwangssicherungshypothek ist Vollstreckungsmaßregel, die durch ein Grundbuchgeschäft vollzogen wird. Insoweit wird das Grundbuchamt auch als Vollstreckungsorgan tätig und hat deshalb neben den grundbuchrechtlichen Voraussetzungen auch die vollstreckungsrechtlichen Voraussetzungen nach der ZPO zu prüfen. Wie jedes Vollstreckungsorgan hat es dabei nur die formellen, nicht auch die sachlichen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung zu prüfen. Dies gilt für die Grundbuchvollstreckung ebenso wie für andere Vollstreckungsarten. Das Vollstreckungsorgan hat zwar zu prüfen, ob überhaupt ein vollstreckbarer Titel vorliegt und ob er einen vollstreckbaren Inhalt hat. Die mit der Vollstreckungsklausel bescheinigten sachlichen Erfordernisse der Vollstreckung sind aber einer Überprüfung durch die Vollstreckungsorgane entzogen. Ob bei Nichtigkeit der Klauselerteilung das Vollstreckungsorgan die Vollstreckung verweigern darf, kann dahinstehen, da dieser Fall hier nicht vorliegt. Denn die im Streitfall aufgeworfene Frage, für wen der Titel zu vollstrecken ist, ist von dem für das Klauselverfahren zuständigen Organ zu prüfen und wird mit der Klauselerteilung für das Vollstreckungsorgan bindend bescheinigt.

Die vollstreckungsrechtlichen Voraussetzungen müssen in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden. Dies umfaßt den Nachweis der Zustellung des Vollstreckungstitels und hier nach § 750 Abs. 2 ZPO auch der Zustellung der gemäß § 727 ZPO erteilten Rechtsnachfolgeklausel nebst der zugrundeliegenden Abtretung.

Im vorliegenden Fall wurde der Vollstreckungsbescheid ausweislich des auf ihm aufgebrachten Zustellungsvermerks zugestellt. Seine Zustellung ist damit durch öffentliche Urkunde nachgewiesen (§ 29 Abs. 1 S. 2 GBO). Da die Zustellung aber nicht an den Schuldner bewirkt wurde, sondern an Frau Rechtsanwältin M., bedarf es auch des Nachweises von deren Empfangsbefugnis. Dieser ist nunmehr durch Vorlage der Zustellungsvollmacht in Originalurkunde vom 13.05.2013 in gehöriger Form geführt.

Insoweit bedarf es nicht des Nachweises in der strengen Form des § 29 Abs. 1 GBO. Bestimmte Eintragungsvoraussetzungen lassen sich wegen ihrer Beschaffenheit durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten nachweisen. Es sind dies vornehmlich diejenigen Umstände, die die Wirksamkeit einer Grundbucherklärung begründen, z.B. bei Erklärung durch einen Vertreter dessen Vertretungsmacht. Für solche Eintragungsvoraussetzungen ist eine Ausnahme von dem Formerfordernis des § 29 Abs. 1 GBO anzuerkennen, mit der Folge, daß das Vorliegen dieser Voraussetzungen unter Berücksichtigung allgemeiner Erfahrungssätze in freier Beweiswürdigung festgestellt werden kann. Wo ein formgerechter Nachweis möglich ist, ist dieser allerdings zu fordern. Diese Grundsätze sind auch auf den Nachweis der hier in Rede stehenden Voraussetzungen für die wirksame Empfangsvollmacht bei der Zustellung anzuwenden.

Danach genügt zum Nachweis der wirksam erteilten Zustellungsvollmacht die nunmehr vorgelegte Originalurkunde vom 13.05.2013. Dem Vollstreckungsgläubiger wird es regelmäßig unmöglich sein, die Vollmachtserteilung an einen Verfahrensbevollmächtigten des Vollstreckungsschuldners in der Form des § 29 GBO nachzuweisen. Er wird aber in der Regel im Besitz der ihm zum Nachweis der Verfahrensbevollmächtigung übermittelten Urschrift der Vollmachtsurkunde sein. Es ist deshalb zu verlangen, aber auch ausreichend, daß der Gläubiger dem Grundbuchamt zumindest die Urschrift der Zustellungsvollmacht vorlegt. Das hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 04.12.2013 getan.

Der Umstand, daß die Zustellung am 30.04.2013 vor Erteilung der Vollmacht an die Verfahrensbevollmächtigte des Schuldners erfolgt war, steht der Wirksamkeit der Zustellung nicht entgegen. Der insoweit zunächst bestehende Mangel ist geheilt.

Die Zustellung war zunächst mangelbehaftet, weil eine zum Zeitpunkt der Zustellung wirksame Vollmacht nicht bestanden hat. Eine Vollmacht nach § 171 ZPO lag noch nicht vor, weil die Vollmacht vom 13.05.2013 erst nach der Zustellung erteilt wurde. Eine Zustellungsvollmacht als Verfahrensbevollmächtigte nach § 172 ZPO – die Vorschrift ist auf die Vertretung im Zwangsvollstreckungsverfahren anwendbar – war ebenfalls noch nicht gegeben, weil Frau Rechtsanwältin M. die Vertretung des Schuldners im Vollstreckungsverfahren erst mit Schreiben vom 16.05.2013 gegenüber dem Verfahrensbevollmächtigten der Vollstreckungsgläubigerin angezeigt hat.

Der Mangel wird nach § 189 ZPO geheilt, wenn die zuzustellenden Schriftstücke der späteren Verfahrensbevollmächtigten zugegangen sind. Die Vorschrift ist weit auszulegen und auch dann anzuwenden, wenn ein Rechtsanwalt erst durch spätere Bevollmächtigung zu einem Verfahrensbeteiligten wird und er bereits zuvor oder zeitgleich mit der Bevollmächtigung in den Besitz des zuzustellenden Schriftstücks gelangt ist und im Zeitpunkt der Bevollmächtigung noch in dessen Besitz ist. Das ist hier der Fall. Der Nachweis der genannten Voraussetzungen für die Heilung kann durch die Mittel des § 29 GBO nicht geführt werden. In Anwendung der Grundsätze der freien Beweiswürdigung ist aber davon auszugehen, daß Frau Rechtsanwältin M. zum Zeitpunkt der Bevollmächtigung am 13.05.2013 noch im Besitz der ihr zwei Wochen zuvor zugestellten Schriftstücke war, die schließlich die Grundlage für die von ihr wahrzunehmende Vertretung des Schuldners im Vollstreckungsverfahren bildeten.

Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 3. Dezember 2013 – 14 Wx 80/13


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